die heiligen drei

gestern nachmittag klopfte es an meine tür. ich schaute durch den türspion und sah einen mann mit schwarz bemaltem gesicht voller inbrunst den sternsinger-klassiker „stern über bethlehem“ singen. also machte ich auf, um ihm zu sagen, dass er doch bitteschön woanders weitersingen solle. ich hatte ohnehin schon fürchterliche kopfschmerzen.
„stern über bethlehem, wir sind am ziel. denn dieser arme stall birgt doch so viel“, sang der mann gerade mehr laut als schön, als mir vor überraschung beinahe die ohren abgefallen wären.
„simon, bist du das?“, fragte ich ungläubig und rieb mir die augen. tatsächlich. mein freund simon hatte sich schwarze schuhcreme ins gesicht geschmiert und trug eine alte gardine um die schultern gewickelt. sein kopf steckte in einer viel zu kleinen krone aus pappe, die ihn eindeutig als burger king kennzeichnete. „du lieber himmel, was zum geier soll dieser aufzug?“
simon hörte auf zu singen. „ich bin die heiligen drei könige“, meinte er nur kurz und knapp.
ich schaute schnell um die ecke, ob sich dort vielleicht noch jakobus, simons kleiner bruder, versteckt hielt, der zumindest einen prima zweiten könig abgegeben hätte. aber simon war tatsächlich der einzige könig weit und breit. „du bist also die heiligen … drei könige?!“
„ganz genau“, meinte simon und grinste schief. er hatte sich anscheinend auch schuhcreme auf die zähne geschmiert, wahrscheinlich aus versehen, was im ersten moment so aussah, als fehlte ihm der ein oder andere zahn. „ich bin kaspar, melchior und balthasar. in einer person“, sagte er stolz.
ich starrte meinen freund einen moment lang mit offenem mund an, was simon anscheinend als aufforderung verstand, die nächste strophe anzustimmen. „du hast uns hergeführt, wir danken dir“, sang er laut, „stern über bethlehem, wir bleiben hier.“
daraufhin schüttelte ich energisch den kopf. „kommt gar nicht in die tüte. du gehst jetzt am besten erstmal nach hause und versuchst, das ganze zeug aus deinem gesicht zu bekommen. und von deinen zähnen. dann kannst du gerne wiederkommen.“
simon grinste mich immer noch komisch an, als er anfing, die blechbüchse in seiner hand zu schütteln. ich hörte das ein oder andere geldstück in der büchse klimpern.
„na gut“, meinte ich und begann, in meiner jeans nach ein paar cent zu suchen, fand schließlich zwei euro und steckte sie in die büchse.
simon nickte mir dankend zu und sagte ebenso ernst wie feierlich: „gottes segen für alle, die hier gehen ein und aus, die könige ziehen nun weiter von haus zu haus“, doch da hatte ich die türe schon längst wieder geschlossen.

Über christian s.

das, was ich hier hinein schreibe, wird dann später für alle sichtbar sein.
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10 Kommentare zu die heiligen drei

  1. Erdge Schoss sagt:

    Was, werter Herr Grob, werden Sie tun,
    wenn Simon als die sechs heiligen Könige auftaucht?

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss

  2. Schlankes Marketing! 3 in 1.
    Und man kann 3 x ohne aufzufallen an der selben Haustür abkassieren (vorausgesetzt man bekommt die Schuhcreme von den Zähnen)

  3. Maak sagt:

    warum haben sie bezahlt, werter herr grob? den song hätten sie bestimmt auch für umsonst im internet gefunden.

  4. Und, was macht er jetzt mit dem ganzen Geld, dass ihm die Leute aus Mitleid gespendet haben?

  5. Frau W. sagt:

    Da sind Sie aber gut bei weggekommen. Angenommen, es hätten tatsächlich drei Könige vor Ihrer Tür gestanden. Und jeder hätte Ihnen eine Spardose vor die Nase gehalten… Also, wenn hier die Sternensinger von Haus zu Haus ziehen, wünsche ich mir auch einen 3 in 1 König.

  6. MC Winkel sagt:

    Ach, ist bei Ihnen auch gerade Ostern, Herr grob!

  7. christian s. sagt:

    eigentlich erst nächste woche. wenn die heiligen drei osterhasen kommen.

    @frau w. – irgendwie ist da auch ein fehler im system. müssten die könige nicht eigentlich geschenke bringen anstatt abzukassieren?

    @lenny und karl – gesangsunterricht nehmen. (hoffe ich.)

    @maak – aber dann würde simon jetzt immer noch vor meiner tür stehen und singen.

    @donkys freund – jetzt wo sie’s sagen, gar nicht mal so dumm der simon. ich unterschätze ihn doch immer wieder.

    @herr schoss – ich werde so tun, als wäre ich nicht zu hause.

  8. Meise sagt:

    Da haben Sie sich das Lied aber gut gemerkt. Oder waren Sie gar früher mal selbst als „HeiligerDreiKönig“ unterwegs?

  9. Überall Entlassungen, jetzt auch in Bethlehem. Skandal!

  10. christian s. sagt:

    tja, die weltwirtschaftskrise macht auch vor den heiligen königen nicht halt.

    @meise – ich nehme grundsätzlich alle gespräche erstmal auf tonband auf.

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