manchmal sind es sogar tiere

heute stand norbert vor meiner tür. er wirkte zwar ein wenig aufgekratzt, schien aber zumindest keine angst mehr vor mir zu haben.
„lies dir das mal durch“, sagte er und wedelte mit einem ausgeschnittenen stück zeitung vor meiner nase herum, nachdem ich ihn in die wohnung gelassen hatte.
„würde ich gerne“, sagte ich. „aber dazu müsstest du mal stillhalten.“
„ein siebenjähriger hat seinen hund mit einem löffel erschlagen“, sagte norbert sichtlich erregt und ließ sich auf mein sofa sinken. „mit einem löffel.“
„das muss ein ziemlich mickriger hund gewesen sein“, überlegte ich. „oder ein ziemlich großer löffel.“
norbert ging nicht darauf ein. „du hattest recht“, sagte mein sanftmütiger freund stattdessen. „man kann auch mit einem löffel töten. ich… ich habe sofort alle meine löffel weggeschmissen.“
„oh. eigentlich hatte ich es nicht wirklich ernst gemeint, was ich da über löffel als waffen gesagt habe. ich…“
„die gabeln habe ich sicherheitshalber auch direkt entsorgt“, ignorierte mich norbert. er schaute sich nun nervös im raum um, während ich nur hoffte, dass er nicht das antike schwert über meinem sofa entdeckte, das ich dort zur deko aufgehangen hatte. oder meinen thermal detonator in der küche.
„und womit nimmst du jetzt dein essen zu dir?“, fragte ich ihn nach einer weile.
„mit den händen“, sagte er nur merkwürdig grinsend. seine augen flackerten dabei so nervös, als hätte er mehrere tage in ein stroboskop geschaut und sich währenddessen nur von zitronen ernährt.
„du weißt aber schon, dass es nicht die waffen sind, die menschen töten“, sagte ich. „es sind die menschen, die menschen töten. und manchmal sind es sogar tiere, die menschen töten“, fügte ich leise hinzu.
norbert guckte mich an wie eine kuh, die gerade von außerirdischen entführt wird.
„und menschen brauchen noch nicht einmal waffen, um einen anderen menschen zu töten“, fuhr ich unbeirrt fort. „man kann einen anderen menschen auch mit den bloßen händen töten.“ ich zeigte norbert meine kräftigen hände, und er starrte sie entsetzt an, bevor sein wirrer blick langsam zu seinen händen wanderte.
vielleicht war es keine gute idee gewesen, ihm das zu sagen, überlegte ich.
„du… du hast recht“, stotterte er schwitzend. „meine… hände“, sagte er, bevor er aufsprang, als hätte man ihm mit einer glühenden stricknadel ins auge gestochen. dann stürmte er aus der wohnung.
ich überlegte noch, ihm hinterher zu laufen, um ihn von irgendwelchen dummheiten abzuhalten, beließ es dann aber doch nur bei einem „hey, mann. mach‘ bloß keinen quatsch“. ohne messer und löffel würde er ohnehin probleme haben, sich seine hände abzutrennen.

Über christian s.

das, was ich hier hinein schreibe, wird dann später für alle sichtbar sein.
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8 Kommentare zu manchmal sind es sogar tiere

  1. Johanna sagt:

    er könnte sie auf die gleise legen von einem zug abfahren lassen. (oh gott, so früh morgens schon so heitere gedanken, das kann ja noch ein lustiger tag werden…)

  2. sanftmütigen pazifisten deutschlands wähle ich nicht mehr, denn sanftmütig ist nur mit ohne löffel (oder als stellung).

  3. Erdge Schoss sagt:

    Oha, werter Herr Grob. Weiß Norbert schon, dass auch Blicke töten können?
    Oder hat er sein Schicksal längst nicht mehr in der Hand?

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss

  4. christian s. sagt:

    ich glaube, der zug ist bei ihm schon abgefahren. hoffentlich nicht über seine hände.

    @little w. – und noch ein wähler weniger. mit den sanftmütigen pazifisten geht es wahrlich bergab.

    @johanna – so etwas kann böse enden. ich kannte mal jemanden, der wollte auf diese weise eine penektomie durchführen.

  5. Herr Schmidt sagt:

    Norbert sollte sich die linke Hand abschneiden und Einzelhändler werden…

  6. christian s. sagt:

    links- oder rechtshändler?

  7. Ein Hund kam in die Küche und stahl dem Koch ein Ei
    Da nahm der Koch die Kelle und schlug den Hund zu Brei!

    Na dann Mahlzeit!

  8. christian s. sagt:

    eines meiner lieblings-kinderlieder. wegen der 2. strophe. die macht mich immer glücklich und traurig zugleich.

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