Leider glaubte Ringo Starr der kleinen Maus

Ringo Starr war so eine Art Nashorn und lange Zeit mein bester Freund.
Wir hatten uns in einem Park kennengelernt, als er gerade Gänseblümchen sammelte und ich vor einem Großwildjäger flüchtend über die Wiese flitzte. Ein Betäubungsfeil steckte bereits in meinem Hinterkopf und ein zweiter ragte aus meinem Bein, als ich langsam merkte, wie meine Schritte immer unsicherer wurden, ich erheblich an Geschwindigkeit verlor und sich um mich herum alles zu drehen begann. Wäre ich nicht über Ringo Starr gestolpert und in seinem Korb mit den Gänseblümchen gelandet, und hätte er mich nicht in diesem versteckt gehalten und den Großwildjäger beinhart angelogen, dann wäre ich heute vermutlich noch immer die Attraktion in einem belgischen Zoo, würde mich von rohem Fleisch ernähren und in einem viel zu kleinen Käfig hinter tausend Stäben einsam meine Kreise ziehen.

Ringo Starr und ich wurden schnell die dicksten Freunde. Wir spielten Fangen und Verstecken, Spitz pass auf! und manchmal auch Skat, teilten alles miteinander (außer seine Unterwäsche, die mir ohnehin viel zu klein war, und meine Schokolade, die ich nur ungern teilte) und verbrachten jede freie Minute zusammen. Es war eine sehr schöne Zeit, die fast schlagartig endete, als wir eine Springmaus kennenlernten, die sich Whoopi nannte, meinem Freund den Kopf verdrehte und mir meine heißgeliebte Schokolade klaute, was ich ihr zwar nicht nachweisen konnte, aber dennoch lauthals zur Sprache brachte. Leider glaubte Ringo Starr der kleinen Maus mehr als mir, dachte, ich würde ihm sein neu gefundenes Liebesglück nicht gönnen, und setzte sich mit Whoopi kurzerhand nach Castrop-Rauxel ab.

Das einzige, was mich heute noch an meinen ehemals besten Freund erinnert, ist der Korb mit den längst verwelkten Gänseblümchen, in dem ich mich einst versteckte und heute noch hin und wieder schlafe.

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Man kann Orangen genauso essen wie Bananen

„Warum hat mir noch nie einer gesagt, dass man Orangen vor dem Verspeisen schälen muss?“, wollte Simon von mir wissen und klang dabei sehr vorwurfsvoll.
„Wie jetzt, das wusstest du nicht?“, fragte ich ungläubig.
„Nein, verdammt. Das wusste ich nicht. Ich dachte, man würde Orangen genauso essen wie Bananen“, schnaufte mein Freund aufgebracht. „Oder wie Kiwis. Und Kokosnüsse.“
„Das… das ist jetzt nicht dein Ernst!?“
„Natürlich ist das mein Ernst. Woher zum Geier soll ich denn auch wissen, dass ich erst dieses eklige Fruchtfleisch heraus puhlen muss, bevor ich die leckere Schale genießen kann?“, fragte Simon, schob sich trotzig ein Stück Orangenschale in den Mund und begann, geräuschvoll auf diesem herum zu kauen, während ich nur fassungslos den Kopf schüttelte und mir im Stillen dachte: Oh Mann, Simon, mein trotteliger Freund. So etwas weiß man doch.

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Mein Freund, der Bongocero

„Mit meinen neuen Bongos bin ich der König des Parks“, offenbarte mir Simon und lachte verdächtig wahnsinnig, bevor er anfing, wie ein Berserker auf die beiden Trommeln, die er an einer Kordel befestigt um seinen Hals hängen hatte, einzudreschen.
Getrieben von einem diabolischen Rhythmus begann mein Freund, der Bongocero, einen ganz und gar eigentümlichen Tanz aufzuführen, ging dabei immer wieder in die Hocke und drehte sich wie ein außer Kontrolle geratener Derwisch ekstatisch im Kreis. Er hüpfte wild auf der Stelle, warf sich artistisch auf den Boden und sprang wieder hoch, machte zwei Purzelbäume vorwärts, einen Salto rückwärts und landete schließlich in einem dreifachen Spagat, wie ihn selbst die besten Turner der Welt nur an guten Tagen verletzungsfrei hinbekommen, wenn überhaupt. Dabei schnitt er pausenlos angsteinflößende Grimassen, teilweise bis zu vier gleichzeitig, und schüttelte seinen Kopf und Körper wie ein an spastischen Krämpfen leidender Techno-Boy auf Speed oder Schnellerem.
Obwohl ich es zugegebenermaßen ziemlich eindrucksvoll fand, wie er immer wieder mit seiner wabernden Zunge seine Stirn berührte, flüchtete ich sicherheitshalber schnell ins Bad, schloss mich ein und wartete, bis das Trommeln endlich leiser wurde, nach sieben Stunden aufhörte, kurz darauf wieder anfing und nach etwas mehr als neun Stunden endlich ganz verstummte.

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Schuhe denken da sicher anders

„Meine Füße fangen ständig Feuer“, berichtete ich meinem Arzt, der mich daraufhin ziemlich verdutzt anschaute und schließlich meinte:
„Oh. Das… das ist nicht gut.“
„Besonders nicht für meine Schuhe“, stimmte ich ihm zu und zeigte dem Onkel Doktor die dampfenden Überreste der verkokelten Schuhe, die noch an meinen Füßen klebten.
„Aber dann denke ich mir, besser meine Füße fangen Feuer als mein Kopf.“
Mein Arzt, der anscheinend noch nie mit brennenden Füßen konfrontiert worden war, starrte mich nur sprachlos an.
„Obwohl… meine Schuhe denken da sicher anders“, lachte ich und puhlte mir ein Stück verbranntes Leder von der Ferse. „Wie dem auch sei. Haben sie vielleicht eine Idee, was bei brennenden Füßen helfen könnte? Ich bin nämlich in meiner Freikörper-Stepptanzgruppe jetzt schon ein paar Mal negativ aufgefallen. Außerdem möchte meine Freundin nicht mehr, dass ich ihr mit meinen blanken Füßen den Kopf massiere. Dummerweise fangen ihre Haare auch ziemlich schnell Feuer.“
„Ich… äh, weiß nicht, ob ich ihnen da helfen kann“, meinte der Arzt wenig hoffnungsvoll. „Haben sie es denn schon mal mit Wasser probiert?“
„Hm, nein. Ehrlich gesagt habe ich das noch nicht“, gab ich zu und ärgerte mich, nicht selbst auf diese eigentlich doch recht naheliegende Lösung für mein Problem gekommen zu sein. „Aber das werde ich auf jeden Fall mal ausprobieren.“

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Bettina denkt tatsächlich, dass sie ein Schimpanse ist

„Hattest du schon mal eine Freundin, die sich für einen Schimpansen gehalten hat?“, wollte Simon allen Ernstes von mir wissen.
„Hm, lass mich kurz überlegen“, sagte ich und tat so, als würde ich kurz überlegen. „Nein, hatte ich noch nicht. Allerdings hatte ich mal eine Freundin, die mich für einen Affen gehalten hat“, offenbarte ich meinem Freund. „Zumindest hat sie mich in den letzten 10 Sekunden unserer Beziehung mehrmals als solchen beschimpft. Wieso fragst du?“
„Ich befürchte, Bettina denkt tatsächlich, dass sie ein Schimpanse ist.“ Mein Freund blickte bei dem Gedanken an seine neue Freundin bedröppelt zu Boden. „Jedenfalls bewegt sie sich wie einer, klettert überall hoch und gibt die ganze Zeit nur affenartige Laute von sich.“
„Und das fällt dir jetzt erst auf? Nach drei Wochen?“
„Nein, natürlich nicht. Aber anfangs dachte ich, das wäre alles nur Show.“
„Show?!“
„Ja, um mich zu beeindrucken. Hat ja auch geklappt“, gab Simon zu. „Außerdem hat es mir sehr gefallen, wenn sie mir den Kopf gelaust hat. Und die Arme. Und die Beine. Und den Po. Und den…“
Ich steckte mir geistesgegenwärtig (und doch fast zu spät) für einige Augenblicke die Finger in die Ohren.
„… aber mittlerweile nervt es nur noch. Zumal sie auch im Supermarkt anfängt, andere Leute zu lausen. Und in der Bahn. Und im Kino. Und im Swingerclub. Sogar in der…“
„Ja“, unterbrach ich meinen besten Freund schnell. „Das wäre mir wohl auch unangenehm.“
„Was soll ich denn nur tun?“, fragte Simon schon fast verzweifelt.
„Ich an deiner Stelle würde mit ihr Schluss machen“, riet ich ihm.
„Glaubst du, das habe ich noch nicht versucht?“, erwiderte mein Freund. „Doch jedes Mal, wenn ich mit ihr Schluss machen will und sie wegschicke, kommt sie ein paar Minuten später wieder an, füttert mich mit Bananen und laust mir so lange den Kopf, bis ich weich werde. Ich sag dir, es ist gar nicht so einfach, mit einem Affen Schluss zu machen.“
„Doch, das ist es“, murmelte ich kaum hörbar, während ich mich daran erinnerte, wie mir meine damalige Freundin in der letzten Sekunde unserer Beziehung eine Vase an den Kopf geworfen hatte und so die Beziehung ebenso schlagartig wie endgültig beendete.

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Ein ausgetrockneter Axolotl mit Hasenscharte

„Klll…lasse Ko…kostüm“, lallte die leicht bekleidete Piratenbraut und prostete Lennard Powolski, dessen Großvater einst in den Minen von Saskatchewan mit seinen bloßen Händen Uran abbaute, zu.
„Oh, vielen Dank“, sagte Lennard, der gar nicht verkleidet war, und prostete zurück. Er nahm einen großen Schluck von seinem Bier, bevor er schließlich begann, die linke Pobacke der besoffenen Piratin mit seiner freien Hand ausgiebig zu bearbeiten, was der kostümierten Frau ein lustvolles Kichern entlockte.
Hätte sie gewusst, dass Lennard auch sonst aussah wie ein ausgetrockneter Axolotl mit Hasenscharte, und wäre sie ein klein wenig nüchterner gewesen, vielleicht hätte sie nicht ganz so lustvoll gekichert.
Lennard Powolski war das egal. Er liebte den Karneval und die Möglichkeiten, die sich selbst ihm in der fünften Jahreszeit boten. Auch wenn er die Lieder, die auch jetzt wieder lautstark aus den Boxen dröhnten, alles in allem ziemlich kacke fand.

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Mit einer Axt durch blühende Landschaften

„Was mich doch stark wundert“, meinte Simon, während er sich unaufgefordert ein Bier aus meinem Kühlschrank nahm, „kaum einer weiß, dass wir Helmut Kohl nicht nur die Wiedervereinigung und blühende Landschaften zu verdanken haben, sondern auch unser aller Leben.“
Da mir dies tatsächlich nicht bekannt war, sagte ich nur: „Ach was, tatsächlich? Blühende Landschaften?!“
„Ja. Und unser aller Leben“, wiederholte Simon.
„Inwiefern?“, wollte ich von meinem Freund wissen.
„1993 hat unser damaliger Bundeskanzler eigenhändig dafür gesorgt, eine Zombie-Epidemie unter Kontrolle zu bringen.“
„Eine … Zombie-Epidemie“, wiederholte ich ungläubig und öffnete mir sicherheitshalber auch eine Flasche Bier. „Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass ich etwas von einer Zombie-Epidemie mitbekommen hätte“, gab ich zu bedenken. „Und sicher auch von Helmut Kohl, wie er sich mit einer Axt durch blühende Landschaften und untote Menschen schnetzelt.“
„Siehst du, genau das meine ich. Kaum einer hat davon etwas mitbekommen, und dennoch ist es so passiert. Dabei wäre der Vater der Einheit beinahe selbst zum Zombie geworden, hätte er sich nicht geistesgegenwärtig und ohne zu zögern den linken Arm, in den ihn ein Untoter gebissen hatte, abgehackt.“
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Auf dem letzten Bild, das ich von Helmut Kohl gesehen habe, hatte er definitiv noch beide Arme.“
„Ja, natürlich. Weil dem Kampfkoloss aus Oggersheim ein bionischer Roboter-Arm angepflanzt wurde“, behauptete Simon. „Von russischen Cybernetikspezialisten. Wenn man es nicht weiß, denkt man tatsächlich, das ist sein richtiger Arm.“
Ich schaute meinen Freund eine Weile lang schweigend an und überlegte, ob er das alles tatsächlich ernst meinte, kam aber zu keinem endgültigen Schluss und befürchtete daher das Schlimmste.
„Ich wäre nur ungern ein Zombie“, meinte Simon schließlich, und da ich ihm zumindest hier nicht widersprechen konnte, sagte ich nur: „Ja, ich auch.“

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In die Augen, Kleines

„Ich schau dir in die Augen, Kleines“, erklärte ich das Offensichtliche, doch die Frau, in deren Augen ich schaute, meinte nur: „Ja. Lass das.“
Also ließ ich es und setzte mich zu einer anderen Frau an den Tisch. Ich schaute ihr tief in die Augen und teilte es ihr auch mit.
„Lass das“, raunte der Typ neben ihr, vermutlich ihr Freund.
Also ließ ich es und gesellte mich zu einer anderen Frau.
„Ich schau dir in die Augen, Kleines“, sagte ich zu ihr, doch sie ignorierte mich.
„Ich schau dir in die Augen, Kleines“, wiederholte ich, doch sie ignorierte mich weiter.
„Ich schau dir in die Augen, Kleines“, wiederholte ich erneut, dieses Mal ein wenig lauter, und sie verpasste mir eine Kopfnuss.
Also hörte ich auf, ihr in die Augen zu schauen, und ging stattdessen nach Hause.

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Parmesan-Freaks, wie er sie nennt

Herr Gabriel findet es nicht gut, wenn sich Menschen mit Parmesan einreiben, daran lässt er keinen Zweifel. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, da hat auch der stets adrett gekleidete Herr mit dem gesegneten Appetit gerne mal das ein oder andere Kleidungsstück weggelassen und sich stattdessen mit stinkendem Würzkäse eingeschmiert. Doch seitdem er Vorsitzender seines Vereins ist, Verantwortung trägt und meistens einen dunklen Anzug, lässt er kein gutes Haar mehr an den Käsefetischisten – den Parmesan-Freaks, wie er sie nennt –, betrachtet sie mit aufgesetztem Abscheu und beschimpft sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufs Übelste. Am liebsten würde er sie wegsperren – daraus macht er kein Geheimnis – und alles verbieten, was auch nur im Entferntesten mit Käse zu tun hat.
Wenn Herr Gabriel doch nur wüsste, dass es Fotos von ihm gibt.
Fotos, auf denen er mit zwei Unbekannten eng umschlungen einen siamesischen Paarungstanz aufführt, bekleidet lediglich mit einem Hauch von Parmesan, wie es der jahrhundertealte Brauch vorschreibt.
Fotos, auf denen sein mit Hartkäse eingeschmierter Leib gelblich fies in der Sonne schimmert, während er freudig erregt über eine Wiese hüpft und seinen Drachen steigen lässt.
Fotos, auf denen vier junge Kälbchen den geriebenen Käse von seinem mächtigen Körper schlecken und ihn dabei sichtlich in Verzückung versetzen.
Dann würde Herr Gabriel vielleicht anders reden.

(Morgen schicke ich ihm die Fotos mal zu.)

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Ein zeitlos elegantes Erscheinungsbild

Einige sagen, mein neuer Düffelmantel steht mir gut, andere finden das eher nicht und raten mir dazu, eine Hose zu tragen. Da sie mir das allerdings auch raten, wenn ich keinen Düffelmantel trage, weiß ich ehrlich gesagt nicht, was ich davon halten soll. Ich jedenfalls finde, dass mir der Düffelmantel ein zeitlos elegantes Erscheinungsbild verleiht.
Abgesehen davon ist die Kapuze des Düffelmantels ziemlich praktisch. In dieser kann ich prima meine magischen Glückskastanien, die mich vor bösen Geistern, Busunfällen und Johannes B. Kerner schützen, transportieren. Oder Mettbrötchen. (Kleiderschränke eher nicht, die sind zu groß.)

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Zwei Schweine, eine halbe Kuh und ein Mettbrötchen mit Zwiebeln

„Die Magenvergrößerung macht sich endlich bezahlt“, teilte mir Simon gut gelaunt mit. „Ich habe heute schon zwei Schweine, eine halbe Kuh und ein Mettbrötchen verspeist. Mit Zwiebeln.“
„Das… äh, freut mich für dich“, log ich meinen besten Freund an, der aussah, als hätte er mindestens drei Medizinbälle verschluckt – oder tatsächlich zwei Schweine, eine halbe Kuh und ein Mettbrötchen mit Zwiebeln gegessen.
„Endlich kann ich essen, was ich will“, lachte er. „Und vor allem auch: so viel ich will.“ Als wollte er mir dies beweisen, zog er zu meinem Entsetzen ein totes Huhn aus dem Leinensack, den er mitgebracht und neben sich auf den Boden gestellt hatte. Dann stopfte er sich das ungerupfte Flügeltier einfach so in den Mund und würgte es hinunter, als wäre er eine ausgehungerte Riesenschlange.
„Das ist ziemlich eklig“, merkte ich angewidert an, als sich plötzlich etwas in dem Sack regte.
„Ein Hase“, offenbarte mir Simon mit halbvollem Mund, noch bevor ich fragen konnte. „Für den kleinen Hunger zwischendurch.“
„Ein… ein lebender Hase?“, fragte ich ungläubig, und mein Freund nickte stolz.
„Den habe ich eben erst gefangen. Er hockte mit etwa fünfzig anderen Hasen in deinem Garten und summte vor sich hin. Komische Sache. Ich wusste gar nicht, dass Hasen summen.“
„Ja“, sagte ich nur, während sich mir bei dem Gedanken an die monoton summenden Hasen nicht nur die Nackenhaare hochstellten. „Das machen sie gelegentlich.“
„Wie dem auch sei. Er sieht jedenfalls ziemlich lecker aus“, meinte Simon, schnappte sich den Leinensack, aus dem es nun leise summte, und warf ihn sich über die Schulter. „Hast du was dagegen, wenn ich mir noch ein paar Hasen für später mitnehme?“
„Ich habe absolut gar nichts dagegen“, lachte ich ebenso unkontrolliert wie erleichtert auf, während mich mein vielfräßiger Freund nur fragend anschaute. „Nimm so viele mit, wie du tragen kannst. Und dann kommst du wieder und holst die restlichen Hasen.“

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Auf einem Pony zur Schule

Ich hatte mal ein südchinesisches Zwergpony, das hieß Moni.
(Eigentlich ist damit schon alles gesagt, aber ich erzähle trotzdem mal weiter.)

Mir wäre lieber gewesen, es hätte einen anderen, vielleicht etwas cooleren Namen gehabt. Doch leider ließen sich weder meine Eltern, von denen ich das Pony zu Weihnachten bekommen hatte, noch das kleinwüchsige Pferd davon überzeugen, dass Dr. Zorn ein passender Name für ein Pony ist. Jedes Mal, wenn ich es so nannte, hat mir das blöde Viech in den Kopf gebissen. Oder in die Arme, wenn ich diese rechtzeitig nach oben reißen konnte. Das ist mir allerdings nur äußerst selten gelungen, da das Pony zum einen verteufelt schnell war, zum anderen meine Reaktionszeit schon damals fast eine ganze Minute betrug.

Am besten wäre gewesen, meine Eltern hätten mir das Pony gar nicht erst geschenkt. Oder mich wenigstens nicht dazu gezwungen, auf diesem zur Schule zu reiten. Man wird nicht gerade jubelnd empfangen, wenn man auf einem Pony zur Schule reitet. Im Gegenteil. Die meisten meiner Mitschüler haben gelacht, wenn sie mich sahen, einige haben ziemlich fiese Witze gerissen. Ein paar wenige haben mich sogar mit ihren Pausenbroten beworfen, wodurch ich regelmäßig das Gleichgewicht verlor und aus dem Sattel flog. Wenigstens – und das ist vielleicht der einzige Vorteil eines winzigen Pferds – fällt man von einem Pony nicht allzu tief.

Das tägliche Gelächter, die Witze auf meine Kosten und die zum Teil ziemlich harten Brote waren aber nicht einmal das Schlimmste. Viel blöder fand ich, dass alle Mädchen, die sich schon für Jungen interessierten, dachten, ich würde mich aufgrund meiner Reiterei ebenfalls für Jungen interessieren. Ein paar wenige Jungen, die sich sehr für Pferde interessierten, dachten anscheinend ähnlich und begannen auf einmal, sich für mich zu interessieren. Während die anderen Jungen, die mit Pferden nichts am Hut hatten und die meiste Zeit nur Fußball spielten, im besten Fall nichts mit mir zu tun haben wollten. Meistens aber haben sie mich verkloppt oder mir ihren Fußball ins Gesicht geworfen, was bei einer Reaktionszeit wie der meinen gleich doppelt gemein ist. Ein Pony – das habe ich damals schmerzlich erfahren müssen – ist in solchen Situationen keine große Hilfe.

(In den meisten anderen übrigens auch nicht. Davon erzähle ich vielleicht ein anderes Mal.)

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Das monotone Summen der Hasen

Ich habe, und da mache ich kein Geheimnis draus, Angst vor Hasen. Denn Hasen haben nicht nur abartig große Ohren und überaus fiese Zähne, die eigentümlicherweise ständig nachwachsen, sondern auch verteufelt scharfe Klauen, mit denen sie selbst einem ausgewachsenen Elefanten ohne große Mühe die Gedärme rausreißen können.
Generell haben Hasen etwas ziemlich Unheimliches an sich. Insbesondere dann, wenn sie nachts plötzlich auftauchen, regungslos im Garten hocken und in meine Wohnung glotzen.
Letzte Nacht habe ich siebenunddreißig Hasen gezählt. Fünf Hasen mehr als die Nacht davor.
Wenn sie wenigstens friedlich durch den Garten hoppeln würden.
Aber sie hocken nur da und starren mich an.
Mit ihren rot glühenden Augen.
Summend.
Das monotone Summen der Hasen macht mir am meisten Angst, mehr noch als die gefährlichen Klauen. Hasen summen doch normalerweise nicht!?
Oder doch?

Wir haben jetzt 16:42 Uhr, langsam wird es dunkel. Zeit, Türen und Fenster zu verschließen.
Der erste Hase ist schon da…

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Die Worte Krieg und Rubikon

Am 12. Dezember 2011 hat mich Christian Wulff angerufen und mir auf die Mailbox gesprochen. Er hat mir mit ebenso ruhiger wie bedrohlicher Stimme gesagt, ich solle die Geschichte mit dem Nippel und der Lasche auf keinen Fall veröffentlichen. Einen „endgültigen Kieferbruch“ hat er mir angedroht, sollte der Text dennoch erscheinen. Das hat mir einen kalten Schauer der Furcht den Rücken herunter und wieder hoch laufen lassen.
Es sind auch noch die Worte Krieg und Rubikon gefallen, wobei ich allerdings keinen blassen Schimmer habe, was ein Rubikon überhaupt ist. Da es sich aber alles andere als friedfertig anhört und ich vor Krieg generell Angst habe, habe ich seine Nachricht sicherheitshalber schnell gelöscht.

Den Text habe ich ein paar Tage später aber trotzdem veröffentlicht. Schließlich lasse ich mir von keinem Bundespräsidenten der Welt sagen, was ich schreiben darf und was nicht!

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Gerhard, der keinen Busen hat

„Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen“, meinte die rothaarige Frau an der Supermarktkasse und streckte mir ihren blanken Busen entgegen, so dass dieser fast mein Gesicht berührte.
Da ich mich nicht traute zu fragen, welche Lasche sie denn überhaupt meinte, und mich Frauen und Busen generell ziemlich verunsichern, blickte ich nur verschüchtert zu Boden.
„Und mit der kleinen Kurbel ganz nach oben drehen“, fuhr die barbusige Kassiererin fort und zwinkerte mir neckisch zu, während ich anfing zu schwitzen wie ein bengalischer Käseläufer zur Brunftzeit und mir ein seltsam bräunliches Sekret aus den Ohren quoll, vermutlich aus Scham.
„Da erscheint sofort ein Pfeil, und da drücken Sie dann drauf“, erklärte sie mir, doch anstatt irgendwo drauf zu drücken, wischte ich mir nur unsicher den kalten Schweiß von der Stirn, lächelte überfordert und fiel, als sie dann auch noch leise „und schon geht die Tube auf“ in mein sekretverschmiertes Ohr hauchte, umgehend in Ohnmacht.

Das nächste Mal kaufe ich meine Milch lieber wieder direkt beim munteren Milchbauern Gerhard, der keinen Busen hat.

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Ein ausgelatschter Kinderschuh

Ich habe selten so gelacht wie an diesem Morgen, als ich durch den Park spazieren ging. Versuchte doch ein Fuchs, der aussah wie ein kleiner Bär, zu fliegen wie ein Vogel.

Erst auf den zweiten Blick erkannte ich, dass es sich bei dem Fuchs gar nicht um einen Fuchs handelte sondern um einen ausgewachsenen Büffel, was die Sache aber nicht minder komisch wirken ließ und mich dazu veranlasste, noch ein wenig lauter zu lachen. Bis der Büffel schließlich seine kläglichen Flugversuche einstellte, mich erst verdutzt anglotzte und dann – wahrscheinlich aufgrund meines ausschweifenden Gelächters – wütend zu schnauben begann.

Da es absolut gar nicht komisch ist, wenn ein Büffel vor Wut schnaubend auf einen zu trabt, hörte ich umgehend auf zu lachen und nahm stattdessen die Beine in die Hand. Besser wäre vielleicht gewesen, einfach wegzulaufen oder auf einen Baum zu klettern, doch so hielt ich nur meine Beine fest umklammert, als der Büffel zornig meinen Knöchel rammte.

Erst da erkannte ich, dass es sich bei dem Büffel doch nicht um einen Büffel handelte sondern vielmehr um einen Maulwurf, der nicht viel größer war als ein ausgelatschter Kinderschuh.

Da mir der kleine Kerl, vom Aufprall sichtlich gezeichnet, schon ein wenig leid tat, beschloss ich kurzerhand, ihm bei seinen Flugversuchen zu helfen. Ich nahm den Maulwurf in die Hand, tätschelte aufmunternd seinen winzigen Kopf und schleuderte ihn hoch in die Luft, wo er unglücklicherweise mit einem Flugzeug kollidierte.

„Oh, das tut mir leid, mein kleiner Freund“, murmelte ich, wischte mir ein rotes Stück Maulwurf von der Nase und ging bedröppelt nach Hause.

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Die schweineteure Spezialanfertigung

„Das ist eine Spezialanfertigung“, meinte Jochen stolz. „Hat mich ein Schweinegeld gekostet.“
Ich betrachtete skeptisch die schweineteure Spezialanfertigung. „Und du… du schläfst tatsächlich in diesem… Ding?“
Jochen strahlte über beide Ohren. „Yep, das mache ich.“
„Aber das… das ist ein riesiger Schuh“, sagte ich, nur um sicher zu gehen, dass sich auch Jochen dessen vollkommen bewusst war.
„Ja, Mann. Das ist ein riesiger Schuh“, sagte Jochen. Demnach war es ihm also bewusst. „Cool, oder?“
„Nun ja…“
„Mein ganzes Leben habe ich davon geträumt, in einem Schuh zu schlafen“, offenbarte mir mein Freund und streichelte dabei liebevoll den riesigen Schuh. „Ist er nicht schön?“
„Äh, ja. Das ist ein sehr schöner… riesiger Schuh.“ Ich lächelte Jochen schief an. „Was sagt denn Petra dazu?“
„Die findet den Schuh auch voll cool. Allerdings muss sie jetzt auf der Couch schlafen,…“
„Oh.“
„Bis der andere Schuh geliefert wird.“

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Heidi, die Pferde mehr als nur ein wenig mochte

Peter der Ziegenhirte saß auf einem felsigen Brocken und beobachtete seine siebenundzwanzig Ziegen, wie sie fröhlich über eine Wiese hoppelten, Gras mümmelten oder einfach nur in der Sonne lagen und nichts taten. Seine zwei Hunde liefen ebenso aufgeregt wie gewissenhaft hin und her, während ein kleiner Elefant schon seit geraumer Zeit versuchte, sich mit einer besonders schönen Ziege zu paaren.

Der kleine Elefant war irgendwann plötzlich dagewesen, ohne dass Peter wusste, woher er kam oder dass es sich bei dem seltsamen Tier mit den großen Ohren und dem seltsam langen Maul überhaupt um einen Elefanten handelte. Lange Zeit hatte Peter den kleinen Elefanten für einen etwas zu groß geratenen Biber ohne Fell gehalten und wollte der Heidi, die Pferde mehr als nur ein wenig mochte (so hieß es), erst gar nicht glauben, als diese ihn lachend aufklärte.
Schließlich glaubte er ihr aber doch, und da der kleine Elefant auch nicht weiter störte, durfte er bleiben.

Sich mit einer Ziege paaren durfte der Elefant allerdings nicht. Daher rief Peter mit der kräftigen Stimme eines Ziegenhirten: „Hey, du. Kleiner … äh, Elefant. Lass das“, woraufhin der kleine Elefant kurz hochschreckte, von der Ziege abließ und seinen Rüssel in den lehmigen Boden steckte.
Vermutlich schämt er sich jetzt, dachte Peter der Ziegenhirte zufrieden, doch in Wirklichkeit suchte der kleine Elefant nur nach Erdnüssen.

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Experimente an Tieren

Ich führe ja schon mal ganz gerne Experimente an Tieren durch. Hin und wieder aber auch an mir selbst, wie letzte Woche, als ich mir zwei super-starke Magnete besorgt habe, mit denen ich nicht nur versehentlich sämtliche Festplatten bei mir und in der Nachbarschaft gelöscht habe, sondern auch große Teile meines Langzeitgedächtnisses.
Eigentlich wollte ich mit den Magneten nur die Leistungsfähigkeit meines Gehirns erhöhen, indem ich nachts meinen Kopf genau zwischen die beiden Super-Magnete gelegt habe. Dass sich das aber eher negativ auf mich und meine Erinnerungen auswirkt, habe ich nicht geahnt und auch erst gar nicht bemerkt. Erst, als ich auf das Klingelschild schauen musste, um herauszufinden, wie ich nochmal heiße, wurde mir langsam klar, dass etwas nicht stimmt. Naja, halb so wild. Wahrscheinlich waren die Erinnerungen ohnehin nicht sehr schön.

Morgen werde ich mir erst mal ein Bolzenschussgerät kaufen. Mit diesem werde ich dann versuchen, meine Gehirnlappen zu reaktivieren. Und vielleicht kommen dann ja auch die Erinnerungen wieder…

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Eine Frau dieser Branche

Wenn man sich die Texte, in denen Simon vorkommt, so durchliest, könnte man meinen, dass ich nicht sein bester Freund bin sondern wohl eher so etwas wie sein Betreuer. Nicht selten komme ich mir auch so vor…

„Was soll das?“, fragte ich Simon, der sich auf seine Knie niedergelassen hatte und mir nun auf diesen in die Metzgerei folgte.
„Das wirst du gleich sehen“, flüsterte er und zwinkerte mir verschwörerisch zu, während die Metzgereifachverkäuferin, die hinter der Wursttheke schon auf mich zu warten schien, meinen knienden Freund kaum sehen konnte.
Wie auch immer…, dachte ich im Stillen und wandte mich lieber der Metzgerin zu, die für eine Frau dieser Branche überraschend gut aussah und zwischen der niedlichen Stubsnase und den atemberaubenden Lippen einen flauschigen Damenbart trug.
Ich bestellte fünf Kilo Käsebeißer, von denen ich nie genug bekommen konnte, bekam aber nur fünfzehn Stück und wollte gerade bezahlen, als Simon sich unangenehm bemerkbar machte, indem er einen schwitzigen Finger gegen die Glasscheibe der Theke presste und mit abartig verstellter Stimme eine Scheibe Fleischwurst verlangte.
Während die Wurstfrau Simon nur ängstlich irritiert anstarrte, begann dieser nun wie ein gestörtes Kind erst zu quengeln, dann zu schreien und schließlich lauthals zu weinen.
„Vielleicht … vielleicht geben sie meinem kleinen, geistig gestörten Freund hier besser eine Scheibe Fleischwurst“, schlug ich der Frau vor, die nur zögerlich nickte, schließlich aber doch eine Scheibe Fleischwurst aufpiekste und über die Theke reichte.
„Hm, lecker“, fand Simon, nachdem er sich die Wurst geschnappt und in den Mund gestopft hatte und nun genüsslich auf dieser herum kaute, während ich kurzerhand beschloss, das nächste Mal wieder ohne meinen Freund einkaufen zu gehen. Schon allein um es mir nicht komplett mit der Wurstverkäuferin zu verscherzen, auf die ich schon seit geraumer Zeit ein Auge geworfen hatte.

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Bis Frau Aigner (CSU) kommt

Neulich war mir langweilig. Da habe ich mir einfach mal ein paar Gedanken gemacht und überlegt, was man so alles mit einem toten Vogel machen kann…

Zunächst einmal kann – oder sollte – man einen toten Vogel kitzeln, um zu testen, ob der tote Vogel auch wirklich tot ist, nur so tut oder einfach nur schläft. (Sicher ist sicher.)
Wenn der tote Vogel nicht lacht, also tatsächlich tot ist, kann man versuchen, ihn aufzublasen und zum Platzen zu bringen. Schafft man das, muss man sich wohl erstmal waschen einen neuen toten Vogel besorgen, den man dann wieder aufblasen kann, wenn man denn möchte.

Wenn man keine Lust hat, einen Vogel zum Platzen zu bringen, kann man sich den toten Vogel aber auch auf den Kopf setzen, voller Panik durch einen Supermarkt rennen und dabei laut rufen: „Aaaahaa… es hat mich erwischt, verdammt. Es hat mich erwischt. Urgs!“. Anschließend kann man dann den toten Vogel einem entsetzten Menschen an den Kopf werfen, sich selbst auf den Boden, röchelnd und mit Schmerz verzerrtem Gesicht, bevor man nach ca. fünf Minuten ohne eine Miene zu verziehen aufsteht, sich den toten Vogel wieder auf den Kopf setzt und den Supermarkt schweigend verlässt, so als wäre nichts passiert.

Man kann sich aber auch einen zweiten und dritten toten Vogel besorgen und dann so lange mit den toten Vögeln jonglieren und „Flieg nicht so hoch, mein kleiner Freund“ singen, bis Frau Aigner (CSU) kommt, um einem die Vögel abzunehmen (was mitunter aber eine Weile dauern kann).

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Keine Ahnung von einem guten Feuerwerk

Fassungslos beobachtete ich Simon dabei, wie er versuchte, einige Scheiben Brot anzuzünden, bevor er sie eine nach der anderen schwungvoll in die Luft warf. Da das Brot aber nicht so richtig brennen wollte, längst nicht so spektakulär durch die nasskalte Silvesternacht flog, wie die zahlreichen Raketen um uns herum, und noch nicht einmal laut knallte, wurde mein Freund zusehends ungehaltener, bis er schließlich die restlichen Brotscheiben wütend und enttäuscht in den Schnee pfefferte.
„Brot statt Böller, pah. Wer sich das ausgedacht hat, der hat wirklich keine Ahnung von einem guten Feuerwerk“, maulte Simon vor sich hin, während ein herrenloser Hund das Brot entdeckte und begann, freudig erregt auf einem nassen Stück herum zu kauen.

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Was seh ich da auf seiner Schulter?

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde ich ca. sieben Minuten lang für den neuen Joachim Ringelnatz gehalten. In dieser – zugegeben recht kurzen – Zeit entstanden immerhin drei Kinderbücher, 17 Erzählungen und 51 Gedichte, von denen das nun folgende vielleicht nicht das schönste, auf jeden Fall aber das weihnachtlichste ist.

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Der Weihnachtsmann

Vom Himmel hoch, da kommt er her,
der Mann in Rot, drei Zentner schwer.
Wenn es ist dunkel, finstre Nacht,
vielleicht er hat was mitgebracht.

Und tatsächlich:

Was seh ich da auf seiner Schulter?
Ein Sack, denk ich, und: Fall bloß nicht runter.
Von dem Dache, hoch dort oben,
böse Winde tobend toben.
Doch welch ein Glück, er rutscht nicht aus,
springt wieselflink von Haus zu Haus.
Bringt dir und mir Geschenke er,
mal wenige, doch oft auch mehr.

(Dann fliegt er heim in seinen Wald,
denn er ist müd’, weil ziemlich alt.)

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In diesem Sinne: Sinifesela Ukhisimusi Omuhle!

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Japaner mit Fotoapparaten, wohin ich auch gehe

„Seitdem man mich für eine Sehenswürdigkeit hält“, beklagte ich mich bei Frau Schnute, „folgen mir Japaner mit Fotoapparaten, wohin ich auch gehe.“
Ich lächelte müde in Kamera, hinter der ein kleiner Asiate fröhlich vor sich hin grinste, ein Bild nach dem anderen schoss und schließlich das Ergebnis im Display begutachtete. Sein nach oben gestreckter Daumen deutete darauf hin, dass ihm die Bilder gefielen.
„Auch auf die Toilette?“, wollte Frau Schnute von mir wissen, und ich nickte.
„Wenn ich aufs Klo gehe“, sagte ich, „sind sie meistens schon da.“
Frau Schnute schüttelte mitleidig ihren zwar ziemlich kleinen aber dennoch recht hübschen Kopf. „Das … das ist ja furchtbar“, fand sie. „Wie halten sie das nur aus?“
„Nur schwer“, gab ich zu. „Neulich hatte sich einer dieser Japaner sogar in meinem Schrank versteckt. Er drückte just in dem Moment auf den Auslöser seiner Kamera, als ich die Schranktür öffnete. Ich habe mich fürchterlich erschreckt. Wenn auch nicht so sehr, wie letzte Nacht, als eine kindliche Asiatin mit langen, schwarzen Haaren unter meiner Decke auf mich zu krabbelte, als ich gerade versuchte, friedlich einzuschlummern. Das war mal richtig gruselig, wie in einem Horrorfilm.“
„Du lieber Himmel.“ Frau Schnute hielt sich die Hände vors Gesicht. „Kann man denn nichts dagegen machen?“
„Nun ja. Das einzige, was einigermaßen hilft, ist das hier…“ Ich zog einen alten Pappkarton hervor, stülpte mir diesen über den Kopf und blickte traurig durch die beiden Löcher, die ich zuvor in die Pappe gestanzt hatte. „Ein Lösung auf Dauer“, meinte ich jedoch niedergeschlagen, „ist das allerdings nicht.“

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Bei einer Spinatschlacht gibt es keine Verlierer

„Bei meiner Tante Elli gab es damals immer Kaffee und Spinat“, erzählte mir mein Freund Simon, woraufhin ich ihn nur skeptisch anschaute.
„Spinat? Anstatt Kuchen?!“ Simon nickte. „Das ist ja schon irgendwie eklig“, fand ich.
„Och, finde ich nicht“, sagte mein Freund. „Kuchen mochte ich noch nie. Im Gegensatz zu Tante Ellis Spinat, der war echt superlecker. Außerdem macht Spinat nicht dick und ist sogar gesund. Wegen dem außergewöhnlich hohen Eisengehalt“, wusste Simon.
„Eigentlich ist der Eisengehalt in Spinat gar nicht so hoch, wie immer behauptet wird“, klärte ich, da ich es besser wusste, meinen Freund auf.
„Hm, wie dem auch sei. Jedenfalls ist Spinat mein absolutes Lieblings-Obst.“
„Ist Spinat nicht ein Gemüse?“
„Keine Ahnung, ich glaube nicht. Ist aber auch egal. Auf jeden Fall haben wir anschließend immer eine Spinatschlacht gemacht.“
Obwohl ich auch das ziemlich eklig fand, sagte ich: „Uh, cool. Das klingt verdammt lustig.“
„War es auch. Naja, bis auf die letzte Schlacht. Die war eher nicht so schön.“
„Wieso das? Hast du verloren?“
„Nein, oh nein.“ Simon schüttelte den Kopf. „Bei einer Spinatschlacht gibt es keine Verlierer.“ Er machte eine kurze Pause, bevor er sagte: „Bei der letzten Schlacht ist Tante Elli an einer mundvoll Spinat erstickt.“
„Oh, das … das tut mir leid.“
„Ach, es gibt wirklich schlimmere Sachen, an denen man ersticken kann“, meinte Simon, „Katzen zum Beispiel.“
„Hm. Stimmt auch wieder“, gab ich zu, auch wenn ich mir eigentlich ziemlich sicher war, dass ich niemals an einer Katze ersticken würde. Zumindest nicht an einer ganzen.

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Er trug einen riesigen Schnauzbart

„Geld her oder ich mache Pipi“, sagte der Mann, der plötzlich hinter einer Tonne hervor und mir vor die Füße sprang, als ich gerade einen nächtlichen Spaziergang durch dunkle Gassen machte. Er trug einen riesigen Schnauzbart unter der Nase und eine Propellermütze auf dem Kopf, und obwohl er durchaus den Eindruck erweckte, als würde er seine Drohung wahr machen, hielt sich meine Angst in überschaubaren Grenzen.
„Würden sie dabei die Hose anlassen oder diese vorher ausziehen?“, wollte ich von ihm wissen, woraufhin mich der seltsame Räuber anschaute, als hätte er sich über dieses nicht gerade unwichtige Detail noch gar keine Gedanken gemacht. „Wenn sie die Hose nämlich anlassen, gibt das eine ziemliche Sauerei“, wusste ich aus eigener Erfahrung zu berichten, „doch andererseits, wenn sie ihre Hose vorher runterziehen, sehe ich – wohl oder übel – ihren Pillemann. Wollen sie das?“
Der Fremde mit der Propellermütze überlegte kurz und schüttelte schließlich den Kopf. „Ich… ich mache Pipi“, teilte er mir seinen Entschluss mit. „In die Hose!“ Er grinste mich kurz unsicher an, bevor er ein ziemlich verkrampftes Gesicht machte und augenscheinlich seinen Worten Taten folgen ließ.

Ich überlegte noch kurz, ob ich dem Pipi-Mann ein paar Euro für frische Unterhosen und eine Mütze ohne Propeller geben sollte, entschied mich aber dagegen und setzte schließlich meinen Spaziergang durch die Nacht fort.

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Die wilden Gesten und Grimassen der alten Frau

Wenn Sie Katzen mögen, dann mögen Sie mich nicht, da bin ich mir ziemlich sicher. Denn immer, wenn ich mich einer Katze nähere oder sie mich auch nur aus der Ferne erblickt, explodiert dieses arme Geschöpf, als hätte man eine mittelgroße Ladung TNT in ihrem Magen gezündet.

Früher war das anders, da konnte ich gut mit Katzen. Ständig schwirrten kleine Miezen mit ihren samtigen Pfoten wie kleine Vögel um mich herum, sangen lustige Katzenlieder, um mich zu erfreuen, und setzten sich auf meinen Kopf, bis ich sie verscheuchte, weil ich mit einer Katze auf dem Kopf nicht arbeiten durfte und nicht schlafen konnte.

Nach meinem letzten Bulgarienurlaub sollte sich das jedoch ändern. Ein altes Runzelweib mit schiefer Nase und Bollerwagen machte sich meine Gutmenschlichkeit und Leichtgläubigkeit schamlos zu Nutze, verkaufte mir ein mysteriöses Holzamulett aus Plastik (das aber immerhin nach Holz aussah, jedoch nach Minze schmeckte) und lachte sich anschließend ins verkrüppelte Fäustchen. Das Amulett kostete mich 120 (hundertzwanzig!) Euro, hatte die Form einer tanzenden (?) Katze und sollte mich vor den Kreaturen der Nacht beschützen. So jedenfalls hatte ich die wilden Gesten und Grimassen der alten Frau gedeutet.

Wenn ich heute darüber nachdenke, bin ich mir eigentlich ziemlich sicher, dass sie mir mit ihren Verrenkungen etwas ganz anderes sagen wollte. Doch auch wenn das Amulett Schuld an der Sauerei mit den explodierenden Katzen ist, trage ich es oft und gerne, eigentlich immer. Schließlich hat mich dieses blöde Plastikding einhundertzwanzig Euro gekosten.

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Im Gegensatz zu seinen Nasenhaaren

„Was ist das da auf ihrem Kopf“, fragte ich Herrn Peters, und er sagte stolz:
„Das sind Nasenhaare.“
„Nasenhaare!?“, wiederholte ich ungläubig. „Ist ja irre.“
Herr Peters nickte. „Die habe ich mir einpflanzen lassen“, erklärte er, „Haar für Haar.“
„Das … das sieht ziemlich cool aus“, log ich, während sich Herr Peters mit einer Hand durch das Haar fuhr, das vor nicht allzu langer Zeit seiner Nase als Luftfilter diente.

Dass ich mir erst letzte Woche die kahlen Stellen auf meinem Kopf mit Schamhaaren habe auffüllen lassen, behielt ich für mich. Obwohl die im Gegensatz zu seinen Nasenhaaren mal wirklich cool aussehen.

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Weder Explosionen noch Busen

Ein Text über einen fliegenden Rollmops, der mich für einen gewissen Luke hält und behauptet, mein Vater zu sein. Ein Text, in dem weder Explosionen noch Busen, ja noch nicht einmal Hodenohren vorkommen. Ich frage mich wirklich: Soll das wirklich der letzte Text hier gewesen sein? Ja. Nein? Oder doch: vielleicht!?

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luke, ich bin dein

heute morgen landete ein rollmops auf meiner schulter und röchelte leise in mein ohr: „luke, ich bin dein vater.“
da ich mir das aber beim besten willen nicht vorstellen konnte, sagte ich: „ich glaube nicht, dass ein heringslappen mein vater ist. und außerdem … außerdem heiße ich nicht luke“, gab ich zu bedenken, doch da flog der rollmops auch schon wieder davon.

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sekundenkleber auf die augen

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„du weißt doch, dass ich ab und an kontaktlinsen trage“, fing simon an zu erzählen, „weil meine augen durch die dicken gläser meiner brille so unglaublich groß erscheinen. so groß, dass mich die leute oftmals für einen idioten halten.“ womit sie sicherlich nicht ganz falsch liegen, dachte ich, behielt es aber für mich. „nur fallen mir diese blöden dinger ständig raus, schon bei der kleinsten bewegung. also bin ich auf die idee gekommen, mir die kontaktlinsen – damit sie eben nicht mehr bei jeder noch so kleinen bewegung rausfallen – mit extrastarkem sekundenkleber auf die augen zu kleben.“ sprachlos lies ich ihn weiter erzählen. „das hat auch ganz gut funktioniert, die linsen saßen fest auf den augen und sind noch nicht einmal rausgefallen, als ich testweise mehrere purzelbäume hintereinander geschlagen habe. allerdings habe ich nur noch alles ganz verschwommen gesehen – trotz der kontaktlinsen, wahrscheinlich wegen dem kleber. und das ist dann ja auch irgendwie doof. also wollte ich die kontaktlinsen wieder von meinen augäpfeln entfernen, was aber nicht so recht klappen wollte.“
„und dann … dann hast du versucht, deine augen mit essigwasser auszuwaschen?!“, fragte ich meinen freund.
„nein. dann habe ich erstmal versucht, die kontaktlinsen mit einer pinzette zu greifen und vorsichtig abzuziehen. als das nicht geklappt hat, habe ich versucht, sie mit einer pinzette zu greifen ruckartig abzuziehen.“ mir schmerzten die augen bei dem bloßen gedanken daran. „und das hat dann schließlich geklappt. allerdings haben mir anschließend die augen gebrannt, als hätte mir jemand glühende kohle in die orbita gedrückt.“
ich schaute simon eine weile fassungslos an. „willst du wissen, wieso deine augen so gebrannt haben?“, fragte ich, und er nickte. „weil du dir nicht nur die kontaktlinsen entfernt hast, sondern die bindehaut gleich mit.“
„au kacke. das … das könnte natürlich sein.“ simon fasste sich entsetzt an die augen und zuckte im gleichen augenblick vor schmerz zusammen. „kannst du … kannst du mich vielleicht ins krankenhaus fahren?“, fragte mein freund schließlich kleinlaut.
„sicher“, meinte ich. „vielleicht können dir die ärzte ja eine neue bindehaut auf die augen kleben.“

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